Dankbar

Als heute etwas verspätet mein Rezept für das Temodal eintrifft, ist ein gelber Post-It- Zettel daran geheftet.
„Lieber Herr Kramer,
das müßte nach meinen Aufzeichnungen der zwölfte und wirklich letzte Zyklus sein. Herzliche Grüße …“
Ich muß lächeln und bin gerührt.
Seit Jahren hat mich niemand mehr mit „lieber Herr Kramer“ angesprochen.
Mein Arzt tut das.
Überhaupt behandelt er mich seit nun schon einem Jahr mit großem Respekt und einer menschlichen Wärme, wie ich sie bei einem Professor nicht erwartet hätte.
Niemals hat er mir meine Würde genommen, indem er mich bevormundete.
Nie war ich der dumme Patient und er der allwissende Arzt.
Das hat gut getan, hat mich darin bestärkt, für mich einzustehen, meine Verantwortung für mich selbst nicht an der Kliniktür abzugeben.
Jetzt, nachdem ich es geschafft habe, den Tag der Geburt meines zweiten Enkelkindes zu erleben, ist es an der Zeit, Danke zu sagen.
Danke der Uniklinik Halle an der Saale, Danke den wunderbaren Chirurgen, Radiologen, Neurologen, Psychologen, Schwestern, MTA’s, Pflegern und Reinigungskräften.
Und Danke einem Onkologen, der mir gelbe Zettel schickt, auf denen „Lieber Herr Kramer“ steht.
Wenn ich mal wieder Krebs habe, dann weiß ich, wo ich euch finden kann.
Danke.

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