Glatze

Noch eine Nacht, dann wird man mir Löcher in den Schädel bohren!
Ich stehe vor dem Spiegel am Waschbecken meines Zimmers und mir wird plötzlich klar, daß man mir dazu auch die Haare abschneiden wird.
Daran hatte ich bislang keinen Gedanken verloren.
Ohne jede Eile, aber in aller Konsequenz, beginne ich damit, mir mit dem Langhaarschneider meines Elektrorasierers den Kopf kahl zu scheren.
Ich lasse dazu das Schneidwerk von der Stirn zum Hinterkopf wandern.
Wie Demi Moore in ihrer Rolle als Elitesoldatin, nehme ich mir meine Würde, bevor es andere tun.
Dabei sehe ich kaum, was ich mache.
Am Hinterkopf bin ich ohnehin auf meinen Tastsinn angewiesen.
Ist der Rasierer in meinem Sichtfeld, sind meine Augen zu naß, um etwas sehen zu können.
Am Ende ist das Waschbecken voller Haare, und ich weine allein und kahl rasiert in mein Spiegelbild.
Noch während ich das tue, spüre ich, wie ich mich nicht nur äußerlich verändert habe.
Hier und jetzt, beginnt mein Kampf gegen den Tumor!
Gemessen an meinem martialischen Aussehen, stehen seine Chancen schlecht!

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