Zu Ende denken!

Ich lege mich wieder auf die Liege und habe nicht die geringste Vorstellung davon, wie ich die nächsten Minuten überstehen soll.
Mein Kopf wird fixiert, der Schlitten bewegt sich, das Letzte was mir eine der beiden Roboter zuruft:
„Denken Sie sich einfach weg von hier.“
Da ich jetzt keine Musik mehr eingespielt bekomme, gelingt das natürlich nicht einmal im Ansatz.
Ich öffne die Augen.
Panik.
Ich will hier raus.
Jetzt.
Nein.
Ich darf hier nicht raus!
Die Hand will den Panikknopf drücken, mein Kopf verbietet es ihr.
Zu Ende denken!
„Was ist der Grund Ihrer Angst? Denken Sie zu Ende!“
Warum habe ich Angst?
Wovor?
Ich beginne, zu Ende zu denken.
„Denken Sie sich einfach weg!“
Was für ein Quatsch!
Ich beginne, mich ganz bewusst in dieser Röhre wahrzunehmen.
Ich liege in einem aber Millionen teuren medizinischen Hochleistungsgerät.
Diese Untersuchung steht den wenigsten Menschen auf der Erde zur Verfügung.
Mehrere Mediziner überwachen mich.
Die Röhre ist eng, aber sie wird nicht enger.
Meine Psychotherapeutin wäre stolz auf mich.
Ich bin es auch.
Denn mit jedem dieser Gedanken fällt ein kleines Stück Panik von mir ab, kann die unendlich laute Maschine, in der ich liege, ihre Arbeit machen.
„Die Untersuchung ist beendet. Wir holen Sie jetzt raus.“
Ich habe meine Angst besiegt.
Zu Ende denken.
Was für ein Rat!

04.07.2010

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