Sind Sie blöd?

Fühlen Sie sich schön?
Fällt es Ihnen leicht, abweisend zu sein?
Dann besitzen Sie wesentliche Voraussetzungen, um in einer deutschen Arztpraxis am Empfang zu sitzen. Soweit man das dann noch so nennen kann, wenn Sie da erstmal sitzen.
Sie haben von dem, was Ihr Chef macht, keine Ahnung.
Aber wann der macht, was er macht, wie oft und bei wem, das bestimmen Sie!
Das macht Sie wichtig.
Und gibt Ihnen das Recht, genervt zu sein, wenn ein eintretender Patient Sie anspricht.
Sie kennen die Abläufe in Ihrer Praxis. Das reicht. Wozu muß der Blödmann auf der anderen Seite Ihres Tresens das alles wissen?
Den schicken Sie erstmal ins Wartezimmer, wo die anderen zehn, die Sie zur gleichen Zeit einbestellt haben, auch sitzen.
Dann warten Sie.
Worauf, das wissen nur Sie.
Ab und zu nehmen Sie das Telefon und erzählen was von „keine Termine“, „ja, das ist schlimm“ und „dann müssen Sie sich dazu setzen und etwas Zeit mitbringen“.
Sie könnten das auch planen, aber wozu?
Nur mit vollem Wartezimmer sind Sie wichtig, fühlen Sie die Macht der weißen Kleidung.
Dieses Prickeln werden Sie nicht aufgeben, um nichts in der Welt.
Besonders schlechte Karten haben Ausländer bei Ihnen.
Können die kein Deutsch?
Natürlich tun Sie nur so, als merkten Sie gar nicht, daß man Sie nicht versteht.
Was für ein Spaß!
So viele Schachtelsätze und Konjunktive, benutzen Sie sonst nie.
Für Achmed machen Sie da mal eine Ausnahme.
Weil Sie eine Nette sind.
Sie Perle!

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