Ärzte und Ärzte

Bei meinem Vater wurde vor drei Jahren der Verschluß eines Herzkranzgefäßes diagnostiziert. Im Kreiskrankenhaus wollte man ihm deswegen einen Stent, eine Gefäßstütze einsetzen, die das Gefäß offen halten sollte. Nach einer Untersuchung mit dem Herzkatheter wurde ihm eröffnet, daß sein Verschluß so ungünstig säße, daß man dort keinen Stent einbringen könne. Man entließ meinen damals fast 70 Jahre alten Vater mit den Worten: „Bei Ihnen ist die Behandlung mit einem Stent nicht möglich.“
Mit dieser niederschmetternden Diagnose lebte mein Vater seit dem mit Schmerzen in der Brust, sein Schicksal ertragend, den plötzlichen Herztod immer an seiner Seite. Sein Hausarzt maß Blutdruck und Zuckerspiegel. Das war’s.
Dann kam der Tag, an dem der Hausarzt durch einen Kollegen vertreten wurde.
Der hörte sich die Geschichte meines Vaters an, verschrieb ihm erstmalig Betablocker und überwies ihn an einen ihm bekannten Herzspezialisten. Dieser führte eine neuerliche Herzkatheteruntersuchung durch und empfahl meinem Vater einen Eingriff in einer Hamburger Klinik, überwies ihn dorthin. Ein Fax, ein Anruf, ein zweitägiger Klinikaufenthalt: Seit ein paar Tagen trägt mein Vater einen Stent in einem Herzkranzgefäß, das so ungünstig liegt, daß man dort nicht hinkommt.

zurück    – 93 –    weiter