Bilanz

„Wenn der Kunde mir eine schlechte Bilanz zeigt, dann weiß ich, daß es in Wirklichkeit noch viel schlechter um ihn steht, was er mir aber nicht sagen kann oder will. Zeigt er mir eine gute, weiß ich, daß es ihm wahrscheinlich noch besser geht, was das Finanzamt aber nicht zu wissen braucht.“
Er ist Banker, arbeitet nicht in unserer Hausbank, und hat mir kurz nach meiner Operation im Januar telefonisch zugesichert, mich jederzeit mit Rat und Tat zu unterstützen. Worum ich ihn heute gebeten habe.
Nachdem er gegangen ist, hallt der Satz in meinem Kopf: „…daß es ihm wahrscheinlich noch besser geht.“
Er hatte über Geld gesprochen, das ist mir bewußt.
Aber ist es bei ärztlichen Diagnosen nicht ähnlich?
Sind schlechte Nachrichten nicht immer geschönte Nachrichten, in der Absicht den Patienten vor der vollen Wahrheit zu schützen, gute hingegen immer gedämpfte, mit dem Ziel, die Erwartungen nicht ins Kraut schießen zu lassen?
Die letzten Nachrichten, die ich erhielt, waren gute.
Wenn meine Theorie stimmt, dann…
Ich denke, sie stimmt.

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