Goodbye Facebook

So sehr mich Facebook und Co. in den letzten Wochen und Monaten beschäftigt haben, so sehr beschäftigt mich jetzt die Frage, weshalb ich mich darauf einließ. War ich Teil einer globalen Aufführung von “Des Kaisers neue Kleider”? Sollte ich mich tatsächlich unters Volk gemischt und mitgejubelt haben, aus Angst, für dumm und nicht weitsichtig genug gehalten zu werden?
Tatsache ist, daß ich nie verstand, was so toll an Twitter, wo der Vorteil für mein Leben ist, wenn ich Facebook nutze.
Sehr schnell hingegen wuchs das Unbehagen. Weshalb sollte ich meinem pubertierenden Neffen, einem “Freund”, erlauben, Facebook zu erzählen, ob ich musikalisch bin? Was geht es die “Welt” an, was ich gerade mache?
Denkt wirklich irgend jemand, meine “Likes” wären ein exaktes Abbild meines Denkens?
Habe ich auch nur ein einziges Mal meinen “Freunden” erzählt, wie toll ich die Pornoseite xxx.com finde?
Warum wohl nicht?
Selbstverständlich war mein Avatar ein Typ, wie ich es immer sein wollte, war mein selbst inszeniertes öffentliches Bild nicht ich.
Nur, was soll das Ganze?
Wenn alles eine große Lüge, eine reine Projektion ist, wem nutzt es dann?
Die Antwort ist so einfach wie beklemmend:
Den Betreibern dieser Netzwerke, Herrn Zuckerberg und Co.
Denen ist es nämlich völlig egal, ob wir unsere “Freunde” belügen!
Denn jede einzelne Interaktion mit dem System erzählt etwas über uns, mehr noch, erzählt etwas über unsere Träume!
“Ich mag Pamela Anderson!”
Wie hoch ist die statistische Wahrscheinlichkeit, daß der Absender dieser Botschaft schwul ist?
“Ich hasse Stierkämpfe!”
Ein Befürworter von Tierversuchen?
“Die Linke führt in eine bessere Zukunft!”
Ein potentieller Kriegsbefürworter?
Facebook und Co. wollen nicht nur wissen, wer wir sind.
Sie wollen vor allem wissen, wer wir sein wollen!
Und das erfahren sie zuverlässig. Mit jedem “Like”, mit jedem Bild, mit jedem Wort.
Und alle machen mit.
Alle?
Geradezu verschämt habe ich mich zurück gezogen, sehe jetzt von Außen dem Treiben zu.
Warum eigentlich?
Zweifle ich immer noch?
Nein.
Und so werde ich tun wie einst das Kind, ohne die Folgen zu bedenken:
Social Networks sind nicht der Anfang eines neuen, wunderbaren Lebens.
Sie sind dessen Bedrohung.
Sollen mich doch alle für blöd halten.

“Das Märchen handelt von einem Kaiser, der sich von zwei Betrügern für viel Geld neue Gewänder weben lässt. Diese machen ihm weis, die Kleider seien nicht gewöhnlich, sondern könnten nur von Personen gesehen werden, die ihres Amts würdig und nicht dumm seien. Tatsächlich geben die Betrüger nur vor zu weben und dem Kaiser die Kleider zu überreichen. Aus Eitelkeit und innerer Unsicherheit erwähnt dieser nicht, dass er die Kleider selbst auch nicht sehen kann und auch die Menschen, denen er seine neuen Gewänder präsentiert, geben Begeisterung über die scheinbar schönen Stoffe vor. Der Schwindel fliegt erst auf, als ein Kind ausruft, der Kaiser habe gar keine Kleider an.
Die Erzählung wird gelegentlich als Beispiel angeführt, um Leichtgläubigkeit und die unkritische Akzeptanz angeblicher Autoritäten und Experten zu kritisieren – vergleichbar mit Kleider machen Leute und dem Hauptmann von Köpenick. Aus Furcht um seine Stellung und seinen Ruf spricht wider besseres Wissen niemand, nicht einmal der treueste Minister des Kaisers, die offensichtliche Wahrheit aus; vor die Entscheidung „Ansehen und Wohlstand oder Wahrheit“ gestellt, entscheidet man sich letzten Endes gegen die Wahrheit und für die materiellen und ökonomischen Vorteile. In der mittelalterlichen spanischen Vorlage geht es nicht wie bei Andersen um mangelnde Amtstüchtigkeit, sondern das Gewebe wird angeblich von jenem nicht gesehen, der nicht Sohn dessen ist, der als sein Vater gilt (was neben der Schande auch fatale erbrechtliche Konsequenzen hätte). Zudem ist es nicht ein „unschuldiges Kind“, das die Wahrheit ausspricht, sondern ein schwarzer Rossknecht, der sich bewusst ist, ohnedies am Fuß der sozialen Rangordnung zu stehen, sodass ihm gleichgültig ist, ob er tatsächlich Sohn dessen ist, der als sein Vater gilt.
Das Märchen ist aufgrund des angesprochenen Konfliktes zeitlos; auch in der aktuellen Tagespolitik finden sich immer wieder Äußerungen, die unbequeme Wahrheiten aus Rücksicht auf die eigene Reputation und Stellung verschweigen.” (Quelle: Wikipedia)

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