Sichtweisen

Wie sehr die Welt so ist, wie der Betrachter sie sieht, offenbart mir völlig überraschend das Desaster in Japan. Während in Deutschland politischer und gesellschaftlicher Aktionismus um sich greifen, berichten Beobachter im Erdbebengebiet von gefassten und in Anbetracht der Katastrophe geradezu gelassenen Japanern.
Anfangs bin ich geneigt, das einem kollektiven Schockzustand zuzuschreiben.
Bis der Sprecher einer international agierenden Organisation mich heute auf etwas aufmerksam macht, das bislang nicht einmal im Ansatz Teil meines Denkens war.
Seiner Meinung nach gehört es zum japanischen Selbstverständnis, daß die Natur den Menschen bedroht. Während in Deutschland das Wort „Natur“ oft romantisiert und verklärt daher kommt, verschreckt bzw. enttäuscht es Japaner nicht, wenn die Erde bebt, das Meer überläuft.
Sie haben es nie anders erwartet!
Einmal mit dieser Sicht konfrontiert, ist mein Blick auf die mich umgebene Natur ein gänzlich anderer, als er das noch gestern war.
Erstaunlicher Weise ist das angenehm.

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