Kaffee im Schritt

„Aua!“
Der Becher ist heiß, festhalten kann ich den nicht.
Die Idee, einen großen Pappbecher voll heißen Kaffees, den ich mit den Händen nicht halten kann, in meinen Schoß zu stellen, kommt mir hier und jetzt erstmals.
„Eine dumme Idee!“, rufen mir meine nassen und schmerzlich verbrühten Oberschenkel zu.
Obwohl seit über acht Jahren in meinem Besitz, habe ich auf diesem Platz noch nie gesessen, weshalb ich mein eigenes Auto erst erkenne, als mein Bruder, was macht der denn hier, sich ans Lenkrad setzt und mich fragt, ob alles in Ordnung sei.
„Ja“, sage ich, denn den halb leeren Kaffeebecher in meiner linken Hand spüre ich nicht, und meine seit zehn Sekunden nasse Hose, habe ich bereits vergessen.
Ich sehe aus dem Fenster, erkenne das große, gelbe „M“ hoch über uns.
„So, kann weiter gehen!“
Die Stimme kenne ich.
Meine im fünften Jahr Medizin studierende Tochter.
Setzt sich auf den Beifahrersitz und dreht sich kurz zu mir um.
„Alles in Ordnung?“
„Ja“.
Ich sitze erstmals auf der Rückbank meines Autos, habe einen riesigen Kaffeefleck im Schritt, fahre mit meinem Bruder und meiner Tochter in dunkler Nacht in Richtung eines mir unbekannten Zieles.
Und finde, daß alles in Ordnung ist.
Bevor ich mir darüber Gedanken machen kann, schlafe ich wieder ein.

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