Schwester U

„Als Schwester kann man nicht mit allen Patienten gleich gut!“
Das kann ich mir gut vorstellen.
Sie hat mir Kaffee eingeschenkt, das Bett aufgeschüttelt und jetzt, wo sie meine verweinten Augen sieht, setzt sie sich zu mir aufs Bett.
„Sie konnten wieder nicht schlafen?“
Außer sie scheint das niemanden zu interessieren.
Vor allem nicht Schwester „U“, deren Name mit „te“ endet.
Heute hat diese mir meine Schieberverweigerungshaltung heimgezahlt.
Hat mich nicht laut tösend um 6 Uhr geweckt.
Hat mich einfach schlafen lassen.
Bis um 7.45 Uhr.
Da stehen der Professor und mehrere Ärzte vor meinem Bett, in dem ich, Fernseh schauend, liege.
Ungewaschen, unrasiert.
Asozial.
Hinter der Kohorte frisch aufgeprezelter Ärzte: meine Lieblingsschwester, dienstbeflissen den Kuli in der Hand und ein süffisantes Lächeln auf den Lippen.
Später werde ich jeden einzelnen der anwesenden Ärzte und Ärztinnen aufsuchen und mich für meine vermeintliche Respektlosigkeit entschuldigen.
„Wenn Sie morgens um 6 den Dienst antreten können, u.a. wegen mir, dann kann ich auch meinen Hintern aus dem Bett kriegen.“
Ich erzähle nicht, wie es dazu kam.
Schwester U und ich teilen jetzt ein Geheimnis.
Ich weise meinem iPhone ab sofort die Aufgabe zu, mich zu wecken.
10 Minuten vor Schwester U singt es mir ab jetzt jeden Morgen ein freundliches Lied.
Frisch von der Toilette kann ich kaum erwarten, den Tag mit einem fröhlichen Blick in ihr enttäuschtes Gesicht zu beginnen.
Ab jetzt sehe ich sie nur noch am späten Nachmittag.
Da hat sie die frisch Operierten untere Inkaufnahme ihrer stundenlangen Abwesenheit bereits wieder auf die Station geholt, nehme ich an.

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