Kater

Heute ist der erste Tag nach meiner sechsten Chemotherapie. Mir geht es nicht gut, das Temodal hat sich in den vergangenen fünf Tagen in meinem Körper angereichert, das Zofran, welches die Übelkeit bekämpfen soll, wohl nicht. Außerdem ruft das Temodal eine Veränderung meines Geschmacksempfindens hervor. Alles schmeckt muffig und schal. Das wird vorüber gehen, wie ich inzwischen weiß, schön ist es dennoch nicht. Wie am Tag nach einer durchzechten Nacht kann ich mir nicht wirklich vorstellen, wie es sich ohne Übelkeit lebt. Aus Erfahrung weiß ich, dass es so etwas gibt, ein Leben ohne rebellierenden Magen und voller Pläne. Heute bleibt mir nur, daran zu glauben, mich darauf zu freuen und meine Vergiftung zu verarbeiten. Wäre meine Übelkeit tatsächlich auf Alkoholkonsum zurück zu führen, würde ich wimmernd und fröstelnd im Bett liegen, einen Eimer neben mir, und „Nie wieder!“ stammeln.

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